Montag, 27. Dezember 2010

Tradition vs Moderne - Überlegungen zur Kategorisierung von Quilts

Heute habe ich die CD mit den Fotos meiner Bewerbung um eine Teilnahme an der Ausstellung „Tradition bis Moderne“ der Patchworkgilde Deutschland e.V. zur Post gebracht.

Als ich mich zu einer Teilnahme entschieden hatte, hatte ich gleichzeitig beschlossen, dass ich versuchen wollte, zwei Quilts einzureichen, die nicht auf den ersten Blick als meine erkennbar wären, also z.B. keine neuen Werke aus der Serie Linienspiele.

Die technischen Schwierigkeiten, die ich neulich erwähnt hatte, konnte ich mittlerweile lösen. Dass es überhaupt zu diesen Schwierigkeiten gekommen war, lag daran, dass ich bereits einen Quilt mit einer ähnlichen Technik bei der Ausstellung „Beyond Comfort“ von SAQA unterbringen konnte. Erst nach der Zusage tauchten allerdings von seiten der Veranstalter/Kuratorin diverse Nachfragen wegen der technischen Details, z.B. in Bezug auf Hängung/Tunnel auf, und da ich zu diesem Zeitpunkt gerade an der Fertigstellung dieses Quilts für die T bis M saß, dachte ich mir, dass es sinnvoll wäre, in diesem Fall anders vorzugehen. Zumal ich dann auch bei genauerem Durchlesen der Bewerbungsvorschriften den Passus "muss für den Versand in Kisten von 80 x 35 x 40 cm passen") gelesen hatte. Also musste ich mein gesamtes Konzept für die Arbeit ändern.

Glücklicherweise hatte ich auch gerade zu dem Zeitpunkt einige Stücke altes Leinen von einer Freundin vererbt bekommen, die zu schade zum Wegwerfen waren und gerade in meine Notlage passten. Ich habe also den ganzen Quilt wieder in vier Einzelteile zerlegt, zwei von denen neu aufgetakelt (anders kann man es nicht nennen, allerdings kann ich jetzt auch leider kein Foto zeigen, weil ich ja noch nichts verraten will) und dann alles wieder zusammengesetzt. Das war mühsam, hat mir zeitweise überhaupt keinen Spaß gemacht und zwischenzeitlich war ich dann natürlich auch irgendwann am Zweifeln, ob es überhaupt noch ‚gut’ ist, was ich da gerade mache. Mittlerweile bin ich zwar wieder zufrieden mit dem Ergebnis, aber nachdem man so eine Bewerbung weggeschickt hat, bleibt natürlich immer ein vages Gefühl der Unsicherheit: "Werden ‚die’ es denn auch gut finden?"

Der erste eingereichte Quilt war schon vor über zwei Monaten fertig geworden, und da hatte ich auch nie Zweifel, in welcher Kategorie er ‚antreten’ sollte. Bei dem vorige Woche fertiggestellten war das schon anders. 


Die drei möglichen Kategorien, die auf dem Anmeldeformular angekreuzt werden konnten, sind‚traditionell’, ‚modern’ und ‚innovativ’. In der Ausschreibung wurde nur etwas über die ersten beiden Kategorien gesagt, es gab keinerlei Hilfestellung, wann etwas als ‚innovativ’ gilt. Und vor allem wurde kein einziges Wort darüber verloren, inwieweit ‚innovativ’ und ‚modern’ sich jetzt eigentlich unterscheiden. Man musste sich also selbst etwas dabei denken, was nun einen Quilt zu einem innovativen Quilt macht. 
Aber kann beispielsweise die Verwendung von diversen, in Patchworkläden erhältlichen neuen Materialien wie Tyvek oder Angelina, die ja mittlerweile sehr weit verbreitet sind, noch als ‚innovativ’ gelten? 
Wie traditionell müssen die traditionellen Quilts sein? Denn die Formulierung „für Kategorie I, ‚traditionell’ dürfen traditionelle Muster und Blöcke herangezogen werden" lässt einiges an Interpretationsspielraum zu. 
Allerdings weiß ich, dass für einen traditionellen Quilt besonders strenge Maßstäbe gelten in Bezug auf Verarbeitung und Genauigkeit…


(Von einem Vorstandsmitglied war mir mal bedeutet worden, dass ich solche Ecken/Punkte für die Kategorie 'traditionell' nicht einzureichen bräuchte - ihr persönlich würde das genügen, aber der Jury sicherlich nicht:


noch nicht fertiggestellter traditioneller Quilt
 - zu schlampig für die T bis M




s.o.)

Ich frage mich, ob es wirklich nötig ist, in einer Ausstellung mit diesem weitumfassenden Titel, bei der keinerlei Preise verliehen werden, drei verschiedene Kategorien auszuschreiben. 


Zumal im Ausschreibungstext nicht ersichtlich war, ob aus der Gesamtzahl der eingereichten Arbeiten die drei Kategorien zu gleichen Teilen bestückt werden sollten oder nicht. Angenommen es werden ungefähr 160 Quilts eingereicht, es können 50 gezeigt werden, und dann entfallen auf jede Kategorie 17 (also eigentlich insgesamt 51 Quilts). Wenn jetzt aber beispielsweise nur 20 traditionelle Quilts eingereicht werden – dann hätten diese ja eine deutlich bessere Chance, ausgewählt zu werden, als beispielsweise die 99 modernen und auch die 41 innovativen.

Nun weiß ich, dass die Organisatoren bei der letzten Runde der T bis M enttäuscht über die geringe Zahl der eingereichten traditionellen Quilts waren, weshalb anschließend ja auch eine separate Ausstellung für traditionelle Quilts ausgeschrieben worden war, die bereits erfolgreich in Radolfzell und an anderen Orten gezeigt worden ist. Außerdem weiß ich, dass es ein Anliegen der Organisatoren ist, die Traditionalisten und die Modernen weiterhin zusammen zu zeigen. Aber die Sache mit der Genauigkeit – wie weit wird das ‚durchgezogen’?

Das alles sind Gründe, die von Einreichenden mitberücksichtigt werden, wenn sie sich dafür entscheiden, einen Quilt für eine der drei Kategorien anzumelden. Aber bei manchen Punkten spielte man diesmal mit mehreren Unbekannten.

Jetzt bin ich gespannt, ob mein innovativer Quilt in traditioneller Manier (jaja!) in den Augen der Jury innovativ genug ist, um teilzunehmen. Ich habe lange geschwankt zwischen den Kategorien ‚traditionell’ und ‚innovativ’ – letztendlich jedoch befürchtet, dass der eigene Entwurf (Merkmal für Kategorie ‚modern’!), der mit einem traditionellen Block spielt, aber ganz bewusst an manchen Stellen nicht punktgenau genäht ist, weil es eben kein superperfekttraditioneller Quilt sein sollte, für die Kategorie ‚traditionell’ zu innovativ ist. Allerdings befürchte ich fast, dass die Verwendung eines traditionellen Blocks in der Kategorie ‚innovativ’ auch nicht gern gesehen sein könnte…

Es bleibt abzuwarten, wie innovativ-traditionell man bei der T bis M sein darf!

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