Dienstag, 12. April 2011

Entdeckung aus der Schuhschachtel - Vivian Maier

Vor einigen Wochen stieß ich im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung auf einen Artikel mit der Überschrift „Die Unbekannte“, der mich, vor allem wegen des abgedruckten Fotos, sogleich in seinen Bann zog:

Es handelte sich um die Ankündigung einer Fotoausstellungn in Hamburg mit Werken der bis vor kurzem völlig unbekannten Fotografin Vivian Maier. Leider habe ich die Ausstellung nicht selbst gesehen, sondern konnte nur alle, die ich in Hamburg kenne, darauf aufmerksam machen. Aber eine kleine Zeit am Computer, und schon kann man einiges über Vivian Maier erfahren.
Franko-Amerikanerin, Kindermädchen – und eben street-photographer: Vivian Maier (1926 - 2009) muss ihre gesamte Freizeit mit dem Fotoapparat auf der Straße unterwegs gewesen sein. Was mich an ihrer Geschichte am meisten fasziniert, aber auch verstört hat, anders kann man das nicht nennen, ist die Tatsache, dass sie Zehntausende von Fotos gemacht hat, aber offensichtlich keinerlei Bedürfnis verspürte, diese Fotos auch mal in entwickeltem bzw. abgezogenem Zustand zu sehen. Ihre sämtlichen Negative wurden auf einer Auktion in einem Pappkarton zum Verkauf angeboten. Glücklicherweise wurden sie von John Maloof, einem Immobilienmakler aus Chicago, gekauft, der dabei war, ein Buch über seinen Stadtteil in Chicago zu schreiben. Und der begriff, um was für einen Schatz es sich hierbei handelte.
Er veröffentlich regelmäßig Fotos auf einem Blog  und ist wohl dabei, die Herausgabe eines Buches mit Vivians Fotos vorzubereiten. Und er hat es geschafft, ihre Geschichte bekannt zu machen und ihre Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren. Auf seinem Blog finden sich Links zu den verschiedenen Formen der Berichterstattung über die Entdeckung, und über eine Ausstellung in Chicago Anfang diesen Jahres, Berichte in deutschen Medien finden sich u.a. hier und hier und hier  und hier
Ein weiterer Teil des Nachlasses von Vivian Maier befindet sich im Besitz von Jeff Goldstein, der ebenfalls auf einer Webseite darüber berichtet und in den nächsten Tagen eine Ausstellung ihrer Werke in Chicago eröffnet.
Selbstverständlich findet man bei Suchen im Internet mittlerweile viele Fotos

Was für eine Frau sie wohl war? Dass sie kein Bedürfnis verspürte, ihre vielen Bilder auch mal anzuschauen? Selbst wenn sie selbst vielleicht nicht damit an die Öffentlichkeit gehen wollte, keinen Anspruch hatte, als Künstlerin (an)erkannt zu werden. Hunderttausend Fotos gemacht, und kein einziges davon angesehen...
Wie gut, dass John Maloof ein Gespür für die Qualität dieser Aufnahmen hatte und sie vor dem Vergessen bzw. Untergang bewahrte. Denn: was für ein Auge für Szenen! Diesen Blick entwickelt und geschult und photographisch umgesetzt zu haben, ist eine künstlerische Meisterleistung. Auch wenn wir jetzt nicht wissen können, wie Vivian Maier selbst diesen Veröffentlichungen gegenübergestanden hätte - ich bin froh, dass sie auf diese Art wenigstens einen Schatten in der Kunstwelt hinterlassen hat, ähnlich, wie sie sich selbst in vielen ihrer Bilder mit eingebaut hat, wie man hier sehen kann.

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